ehemaliger Eisenbahntunnel bei Oberau, Meißen
tags: oberau, tunnel, cenoman, geinitzOberau in Niederau bei Meißen
Im nördlichsten erhaltenen Teil der Elbtalkreide befindet sich Oberau, der Teil der kleinen Gemeinde Niederau ist. Östlich davon befindet sich die Stadt Meißen, im Süden Radebeul und Dresden. Der historische Fundpunkt, mit seiner 170 jährigen Geschichte ist über die S177 (Radeburger Str.) zu erreichen.
Darstellung der Daten auf Grundlage der Geologischen Übersichtskarte von Sachsen GÜK400 (1:400.000) des sächsischen Landesamts für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG), Geodaten © OpenStreetMap und Mitwirkende, CC-BY-SA, WISE (eea.eu) (siehe folgende Karten
»Der Tunnel erstreckt sich [...] in einer Weite von 904 sächsische Ellen.« (H.B. Geinitz, 1839)
Der Bau des Tunnels war für die Erforschung der sächsischen Elbtalkreide ein Glücksfall. Durch K.C. Leonhard (1834) und C. S. Weiß (1827) wurden erste Arbeiten über eine »Klippe« in Meißen-Zscheila
und Jura-Kreidevorkommen an der Lausitzer Überschiebung in Hohnstein (Sächsische Schweiz) veröffentlicht.
Abb. 2: Ausschnitt aus Geinitz' Beschreibung zum Oberauer Eisenbahntunnel von 1839.
In der ersten großen monograpischen Bearbeitung zur Elbtalkreide überhaupt, »Charakteristik der Schichten und Petrefacten des sächsischen Kreidegebirges«, veröffentlichte der Direktor des »königlich mineralogischen Museums«, Hanns Bruno Geinitz (1839) ein Profil des damals neu errichteten Oberauer Eisenbahntunnels.
Als einer der ersten Eisenbahntunnel Deutschlands überhaupt, wurde der über hundert Meter lange Tunnel zwischen 1836 und 1839 von Freiberger Bergleuten im Vortrieb erbaut. Gut hundert Jahre später begann man 1933 mit dem Rückbau der Anlage. Das Bauwerk wurde den Anforderungen des Eisenbahnbetriebes nicht mehr gerecht.
Abb. 3: Das nördliche Tunnelportal um 1839/40 auf einem Stich. Quelle: de.wikipedia.org [L1]
Heute säumen überwucherte Abraumhalden die tief eingeschnittene Trasse und eine gemauerte Gedenksäule erinnert an das geschichtsträchtige Bauwerk. Auch heute führt die Eisenbahnlinie Reisende auf dieser Strecke von Dresden nach Leipzig.
Stratigraphie
Geinitz besuchte die Tunnelbaustelle mehrere Male und legte sein Hauptaugenmerk auf die Verhältnisse von Gneis/Granit (Granodiorit) und den kreidezeitlichen Ablagerungen. Am nordwestlichen Portal (siehe Abb. 3), liegen obercenomane Konglomerate (Gneis- und Granodioritgerölle) dem Basisgneis auf.
Abb. 4: "Geognostisches" Profil aus Geinitz (1839) am ehemaligen westlichen Tunneleingang.
Darüber folgen Pläner aus dem (?oberes — oberstes CenomanM. geslinianum Zone, plenus-Event), die zunächst glaukonitreich, zum Hangenden hin jedoch ärmer an Glaukonit werden.
Abb. 5: Geologische Übersicht bei Oberau auf Grundlage der Geologischen Übersichtskarte Sachsen 1:400.000 (mit quartären Sedimenten). Cenomane/turone Sedimente (KC-T) lagern Gneisen (stellenweise dem Granodiorit des Lausitzer-Granitoid-Komplexes) oberflächennah auf.
Nach der Tunneleröffnung 1839 blieb das Profil für knapp hundert Jahre dem Betrachter verborgen. »Erst durch den Abtrag des Tunnels wurden neue Aufschlüsse geschaffen, die im wesentlichen die Geinitzsche Darstellung der Verhältnisse bestätigten.« (Gallwitz, 1935).
Abb. 7: Geologisches Profil des Abschnittes am ehemaligen Oberauer Tunnel von Gallwitz, 1935.
Nach Gallwitz veröffentlichten Dietze (1961) und Köhler (1993, 2004) Arbeiten zum historischen Fundpunkt »Oberauer Eisenbahntunnel«. Die Veröffentlichungen von Köhler umfassen hauptsächlich die Cephalopodenfauna des Fundpunktes. Das Material wurde auf den stark verwachsenen, aber noch zugänglichen Halden gesammelt.
-
Alexowsky, W.,
Horna, F. &
Krentz, O.,
2011.
Erdgas-Trasse OPAL – ein 100 km langer geologischer Aufschluss durch Sachsen – Brandenburgische Geowissenschaftliche Beiträge (Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg) Cottbus 18 (1–2): 71–76. e-book : https://web.archive.org/web/20210301081853/https://lbgr.brandenburg.de/media_fast/4055/1-2_11_Alexowsky_71-76.pdf
-
Dietze, H.,
1959.
Die Inoceramen von Oberau in Sachsen – Obercenoman bis Unterturon – Geologie – Zeitschrift für das Gesamtgebiet der Geologie und Mineralogie sowie der angewandten Geophysik (Akademie-Verlag) Berlin 8 (8): 856–883.
-
Dietze, H.,
1961.
Paläontologische und stratigraphische Untersuchungen der Klippenfazies von Oberau und Meissen (Sächsische Oberkreide) – Jahrbuch des Staatlichen Museums für Mineralogie und Geologie Dresden (Theodor Steinkopff) Dresden und Leipzig 1960: 1–74.
-
Gallwitz, H.,
1935.
Das Pliocän von Oberau in Sachsen – Sitzungsberichte und Abhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft ISIS in Dresden (Burdach) Dresden 1933/34: 82–95. e-book : https://digital.slub-dresden.de/id32421987Z/682
-
Geinitz, H.B.,
1839.
Charakteristik der Schichten und Petrefacten des sächsischen Kreidegebirges. Erstes Heft. Der Tunnel bei Oberau in geognostischer Hinsicht und die dieser Bildung verwandten Ablagerungen zwischen Oberau, Meißen und dem Plauen'schen Grunde bei Dresden – (Arnoldische Buchhandlung) Dresden und Leipzig : 1–28. e-book : https://www.kreidefossilien.de/315
-
Köhler, S.,
1993.
Bemerkenswerte Cephalopodenfunde aus der sächsischen Oberkreide – Fundgrube – Populärwissenschaftliche Zeitschrift für Geologie, Mineralogie, Paläontologie, Bergbaugeschichte (Kulturbund der DDR) Berlin 29 (1–2): 37–45.
-
Köhler, S.,
2004.
Zwei Hamitensteinkerne aus dem Cenoman von Oberau in Sachsen – Fossilien – Zeitschrift für Hobbypaläontologen (Goldschneck) Korb 21 (5): 311–313.
-
Köhler, S.,
2012.
Ein heteromorpher Ammonit Worthoceras aus dem Cenoman von Oberau in Sachsen – Fossilien – Zeitschrift für Hobbypaläontologen (Quelle & Meyer) Wiebelsheim 29 (5): 265–266.
-
Körnich, A.,
1870.
Geologie der Umgegend von Meissen – (Louis Mosche) Meissen : 1–32. e-book : https://www.kreidefossilien.de/1829
-
Leonhard, K.C.,
1834.
Einige geologische Erscheinungen in der Gegend um Meissen – Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geognosie, Geologie und Petrefaktenkunde (E. Schweizerbart) Stuttgart 47/48: 127–150. e-book : https://www.kreidefossilien.de/286
-
Petrascheck, W.,
1900.
Studien über Faciesbildungen im Gebiete der sächsischen Kreideformation – Sitzungsberichte und Abhandlungen der naturwissenschaftlichen Gesellschaft ISIS in Dresden (Warnatz & Lehmann) Dresden 1899 (2): 31–84. e-book : https://www.kreidefossilien.de/250
-
Petrascheck, W.,
1902.
Ueber eine Discordanz zwischen Kreide und Tertiär bei Dresden – Sitzungsberichte und Abhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft ISIS in Dresden (Burdach) Dresden 1901 (2): 108–110. e-book : https://biodiversitylibrary.org/page/53730365
-
Potthoff, G.,
1935.
Beobachtungen und Untersuchungen beim Abbruch des Oberauer Tunnels – Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens (Julius Springer) Berlin 72 [=90]: 178–183.
-
Preuß, R.,
1985.
Der Oberauer Tunnel – Aufbau und Abbruch – Modelleisenbahner – Eisenbahn-Modellbahn-Zeitschrift (Transpress VEB) Berlin 34 (12): 14–16. e-book : https://archive.org/stream/ModellEisenbahner/Modell%20Eisenbahner%201985-12#page/n15/
-
Schneider, C.G.,
1843.
Beschreibung des Tunnels der Leipzig-Dresdner Eisenbahn – Zeitschrift für praktische Baukunst (Romberg's Verlag) Leipzig 3: 6–41. e-book : https://google.com/books?id=_ZF0dUM0DZ0C&pg=PA6
-
Weiß, C.S.,
1827.
Ueber einige geognostische Punkte bei Meißen und Hohnstein – Archiv für Bergbau und Hüttenwesen (Georg Reimer) Berlin 16 (1): 3–16. e-book : https://www.kreidefossilien.de/638
-
Wilmsen, M.,
Niebuhr, B.,
Fengler, M.,
Püttmann, T. &
Berensmeier, M.,
2019.
The Late Cretaceous transgression in the Saxonian Cretaceous Basin (Germany): old story, new data and novel findings – Bulletin of Geosciences (Czech Geological Survey) Praha 94 (1): 71–100. e-book : https://doi.org/10.3140/bull.geosci.1723
-
- Barbatia sp.
- ehemaliger Eisenbahntunnel bei Niederau-Oberau
- wohl beide Exemplare zur Gattung Barbatia zugehörig. Artbestimmung bleibt offen
- Cenoman, unteres-mittleres Cenoman
- Klippensandstein
- Slg./Foto: Fengler
-
große Pectinide aus dem Klippensandstein- Chlamys sp.
- ehemaliger Eisenbahntunnel bei Niederau-Oberau
- vgl. Niebuhr et al. 2014, S. 120, Abb. 8a
- Cenoman, unteres-mittleres Cenoman
- Klippensandstein
- Slg./Foto: Fengler
-
- Prorokia ?cingulata (Geinitz, 1873)
- ehemaliger Eisenbahntunnel bei Niederau-Oberau
- Bemerkung zur Art P.? cingulata siehe Niebuhr et al. 2014, S. 138
- Cenoman, unteres-mittleres Cenoman
- Klippensandstein
- Slg./Foto: Fengler
-
- "Turitella" sp.
- ehemaliger Eisenbahntunnel bei Niederau-Oberau
- Maßstab: 10 mm
- Cenoman, mittleres Cenoman
- Mobschatz-Formation
- Slg./Foto: Fengler
-
- ? Natica sp.
- ehemaliger Eisenbahntunnel bei Niederau-Oberau
- aus dem Oberau-Konglomerat; Maßstab 1 cm
- Cenoman, mittleres Cenoman
- Mobschatz-Formation
- Slg./Foto: Fengler
-
Schneckenstufe- Leptomaria ?linearis (Mantell, 1822)
- ehemaliger Eisenbahntunnel bei Niederau-Oberau
- aus dem Oberau-Konglomerat; Maßstab 1 cm
- Cenoman, mittleres Cenoman
- Mobschatz-Formation
- Slg./Foto: Fengler
-
- Capillithyris capillata (d'Archiac, 1847)
- ehemaliger Eisenbahntunnel bei Niederau-Oberau
- Maßstab: 1 cm
- Cenoman, mittleres Cenoman
- Mobschatz-Formation
- Slg./Foto: Fengler
-
Original zu Wilmsen et al. 2019 [1]- Praeactinocamax sp.
- ehemaliger Eisenbahntunnel bei Niederau-Oberau
- Artbestimmung muss offen bleiben; das Exemplar hat jedoch ein relativ schlankes Rostrum, wie bei P. primus üblich
- Cenoman, mittleres Cenoman
- Mobschatz-Formation
- Zone: I. atlanticus, P. primus-Event
- Slg./Foto: MMG Dresden
Beim Nutzen des Hilfsdienst https://xyz2bbox.kreidefossilien.de bin ich auf das Problem gestoßen,… vor 1 Jahr, 2 Monaten
Blatt 42 (4840) Borna ist leider nicht korrekt verlinkt. vor 1 Jahr, 5 Monaten
Der Kockelsbergtunnel wird südlich wieder in die Strecke Berlin-Dresden einbinden, nicht auf… vor 2 Jahren, 8 Monaten
Sehr schöne Anleitung, danke! vor 3 Jahren, 7 Monaten
Digitalisat von Tafel II aus Schulze, 1770 in guter Qualität hinzugefügt. Quelle: https://books.google.de/books?id=nHJlAAAAcAAJ&pg=PA37 vor 4 Jahren, 5 Monaten