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Schrammen, 1912. Ergebnisse meiner Bearbeitung der kretazischen Kieselspongien von Nordwestdeutschland

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Dissertation von A. Schrammen zu den Kreideschwämmen von Norddeutschland
Dissertation von A. Schrammen zu den Kreideschwämmen von Norddeutschland
Anton Schrammen, 1912. Ergebnisse meiner Bearbeitung der kretazischen Kieselspongien von Nordwestdeutschland [Dissertation]. Palaeontographica - Supplement (E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung) Stuttgart 5: 337–385.

Abstract

Ergebnisse und Schlussbemerkungen.

Aus der Kreideformation der ganzen Erde waren etwa fünfzehn Kieselspongien-Familien bekannt.
Jetzt sind es ca. fünfundvierzig geworden. Alle kommen auch in der Oberkreide von Nordwestdeutschland vor; sie sind sogar zum größten Teil vorläufig nur in diesem Verbreitungsgebiete nachgewiesen worden. Achtzehn Familien davon leben noch in der Jetztzeit.

Ganz wenige Familien, nämlich die Desmacidonidae, Renieridae und wohl auch die Scolioraphidae
gehören zu den monaxonen Silicea im engeren Sinne. Ein Paar, und zwar die Rhizomorinidae und
Megarhizidae, vertritt die lithistiden Monaxonia, und eine einzige Familie ist m. E. in keiner der drei für die lebenden Silicea geltenden Ordnungen unterzubringen, das sind die Sphaerocladinidae. Alle anderen Gruppen und Grüppchen lassen sich zwanglos entweder den Tetraxonia oder den Hexactinelliden einordnen.

Die Systematik der Ordnung Tetraxonia habe ich allerdings durchgreifend ändern, und auch die
Zittel'sche Haupteinteilung der Hexactinelliden durch die natürlichere des Zoologen F. E. Schulze
ersetzen müssen.

Veranlassung zur Neueinteilung der Tetraxonia gab mir die unnatürliche und gezwungene Zusammenfassung aller lithistiden Silicea zu einer geschlossenen Gruppe, die v. Zittel bekanntlich als den Tetractinellidae, Hexactinellidae etc. gleichwertige Ordnung ansah, während Sollas, v. Lendenfeld und andere Zoologen, denen sich auch Rauff angeschlossen hat, sie mit einer zweiten Hauptgruppe, welche die Formen mit vierachsigen Skelettelementen des regulären Typus umfaßt, den Tetraxonia unterordneten. Diese Systematik konnte man allenfalls noch für alle Silicea mit lithistidem Habitus, welche durch vierachsige Skelettelemente im Stütz- oder nur im Dermalskelett mehr oder weniger deutlich als Tetraxonia gekennzeichnet sind, gelten lassen. Dagegen waren alle Formen, welche, wie die Rhizomorinidae und Sphaerocladinidae, tetraxoner Elemente gänzlich ermangeln, unbedingt abzusondern und, wo es an ging, wie bei den durch die Achsenanlage als Monaxonia charakterisierten Rhizomorinen, näher verwandten Abteilungen zu überweisen.

Aber auch innerhalb der tetraxonen Lithistiden unterschied ich noch zwei Kategorien, die zwar
infolge der gemeinsamen, aber, wie wir gesehen haben, aus konvergenter Züchtung hervorgehenden Fähigkeit der Zygosenbildung verwandtschäftliche Beziehungen höheren Grades vortäuschen, durch die Achsenanlage der Desme und die Kombination der Desme und Dermalia aber divergieren, und zu zwei verschiedenen, und scharf getrennten Tetraxoniagruppen mit regulären Skelettelementen hinneigen. Auf die eine Seite stellte ich die Lithistiden mit vierachsigen Desmen und vierachsigen Dermalia (die Tetracladinidae) und als Gruppe mit unverbundenen Skelettelementen des regulären Typus die Pachastrellidae, auf die andere die Lithistiden mit einachsigen Desmen und vierachsigen Dermalia (Megamorinidae und Corallistidae) und als Gruppe mit regulären Skelettelementen die Stellettidae. Die erste Abteilung habe ich als Caltropina, die zweite als Rhabdina zusammengefaßt, und beide als Triben einer neuen Unterordnung Pleonasterophora unterstellt, die als Mikrosklere Spiraster und auch Amphiaster, Microrhabde und Centrotyle, aber niemals Sigme oder Sterraster hat.

Als weitere Unterordnungen der Tetraxonia betrachtete ich die Sigmatophora Sollas, die Megasclerophora v. Lendenfeld und eine neue Unterordnung Sterrasterophora Schrammen, welche nur die Geodiden enthält.

In der Haupteinteilung der Hexactinelliden bin ich, wie gesagt, F. E. Schulze gefolgt, welcher
den Nachweis erbracht hat, daß alle lebenden Hexactinelliden in zwei natürliche Hauptgruppen zerfallen, nämlich die Hexactinelliden mit Hexastern und die Hexactinelliden mit Amphidisken ( H exasterophora und Amphidiscophora). Nun sind allerdings die Hexaster und Amphidiske bei den fossilen Arten so gut wie nie erhalten geblieben. Trotzdem habe ich fast alle kretazischen Hexactinelliden zu den Hexasterophora gestellt. Der Beweis der Zugehörigkeit war freilich nur indirekt zu führen. Bei allen Hexactinelliden-Gattungen nämlich, die der Kreideformation und Jetztzeit gemeinsam sind, haben die lebenden Arten Hexaster. Sie sind darum auch bei den fossilen Spezies jener Genera vorauszusetzen. Fast alle anderen Hexactinelliden der Kreide schließen sich aber diesen Gattungen in der Gesamt organisation mehr oder weniger eng an.

Die Hexasterophora habe ich weiter gegliedert in die beiden Triben Hexactinosa (Hexasterophora
mit einem aus Hexaktinen aufgebauten Diktyonalgerüst) und Lychniscosa (Hexasterophora mit einem
aus Lychnisken bestehenden Diktyonalgerüst). Für ein Äquivalent beider Gruppen halte ich eine dritte, welche die Euplectelliden und verwandte Formen enthält.

Den Hexactinosa ordnete ich als Subtriben die Uncinataria F. E. Schulze und Inermia F. E.
Schulze unter, und außerdem eine Anzahl kretazischer Familien, deren Zugehörigkeit zu den genannten Subtriben zwar nicht unmittelbar durch der Kreide und Jetztzeit gemeinsame Gattungen zu erweisen war, die aber im Bau der Diktyonalgerüste den Uncinataria und Inermia näher stehen wie alle anderen lebenden und fossilen Hexactinellidengruppen.

Ich lasse nunmehr einen kurzen Überblick der alten und neuen Silicea aus der oberen Kreide von
Nordwestdeutschland folgen.

Von lebenden Tetraxonia-Familien mit unverbundenen Skelettelementen des regulären Typus
waren aus der Kreide die Pachastrellidae Sollas schon bekannt. Hierzu kommen jetzt die Tetillidae
Sollas, Stellettidae Sollas (v. Lendenf.) und Geodiidae Sollas.

In der Kreide gab es sodann zwei Tetraxonia-Gruppen mit lithistidem Skeletthabitus, nämlich
die Tetracladinidae Zitt. und Megamorinidae Zitt. Ihre Zahl wird durch die neu nachgewiesenen
Corallistidae Sollas und die neu aufgestellte Familie der Helomorinidae Schrammen verdoppelt.
Zwei weitere neue Tetraxonia-F amilien mit eigentümlicher Skelettorganisation kommen ferner in
den Ophiraphididae Schrammen und Helobrachidae Schrammen hinzu.

Die Mikrosklere der fossilen Pachastrelliden, Tetilliden, Stellettiden und Geodiden bleiben nur
äußerst selten in Vergesellschäfterung mit den Megaskleren erhalten. Die morphologischen Eigentümlichkeiten der Megasklere, und die Kombinationen, in denen diese auftreten, boten aber gute Anhaltspunkte zur Familienbestimmung. [...]

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