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Deichmüller, 1882. Ueber das Vorkommen cenomaner Versteinerungen bei Dohna

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J.V. Deichmüller. Cenomane Versteinerungen in Dohna
J.V. Deichmüller. Cenomane Versteinerungen in Dohna
Johannes Victor Deichmüller, 1882. Ueber das Vorkommen cenomaner Versteinerungen bei Dohna. - Sitzungsberichte und Abhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft ISIS (Burdach) Dresden (1881): 97–101.

Abstract

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Ueber das Vorkommen cenomaner Versteinerungen bei Dohna.

Von Dr. J. V. Deichmüller.

Schon seit längerer Zeit sind die Lagerungsverhältnisse der Quader- und Plänerschichten der Gegend um Dohna durch die Arbeiten von Geinitz und von Naumann und Cotta bei Aufnahme der älteren geologischen Karte von Sachsen bekannt, doch galten diese Schichten bisher für verhältnissmässig arm an Fossilien, da nur an sehr wenigen Orten zum Sammeln derselben Gelegenheit geboten war. Einige in neuerer Zeit hinzugekommene Aufschlüsse haben jedoch gezeigt, dass sich auch hier dem Sammler ein reiches Feld der Ausbeute darbietet und dass einzelne Fundorte rechtwohl den wegen ihres Reichthums an Petrefacten schon lange bekannten und noch immer ausgiebigen cenomanen Plänern des Plauenschen Grundes bei Dresden und Gamighügels bei Leubnitz ebenbürtig zur Seite gestellt werden können. Die erste Nachricht von dem Vorkommen zahlreicher cenomaner Versteinerungen in dortiger Gegend verdanke ich Herrn Gymnasiast Lange aus Dohna, der mir von dort einige Arten zur Bestimmung brachte, die aus dem unteren Quader Sachsens noch nicht oder nur als Seltenheiten bekannt waren und die mich veranlassten, der dortigen Gegend eine grössere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Die Resultate mehrerer zum Theil mit Herrn Geh. Hofrath Geinitz dahin unternommener Ausflüge sollen im Folgenden in aller Kürze niedergelegt werden.

Die tiefsten Schichten unseres Quadergebirges, der cenomane untere Quader, sind in einem schon seit langer Zeit betriebenen Bruche hinter der Brandmühle bei Dohna aufgeschlossen, wo die circa 3 m mächtige Werkbank einen ziemlich festen, feinkörnigen, glimmerhaltigen Sandstein liefert, der zu verschiedenen baulichen Zwecken Verwendung findet. Versteinerungen sind hier ziemlich selten und um so schwieriger zu sammeln, da der Bruchbetrieb sehr eingeschränkt ist, doch fanden sich:

Callianassa antiqua Otto, Ostrea carinata Lam.,
Inoceramas striatus Mant., Catopygus Albensis Gein.,
?Pecten elongatus Lam-, Pygurus Lampas de la Bêche,
decemcostatus Mün., Spongia Saxonica Gein.,
Spondylus Hystrix Gold., Keckìa annulata Glocker,

von denen einige Arten wegen ihrer Seltenheit im sächsischen Quader interessant sind. Ueberlagert wird dieser Quadersandstein von einer 60 cm mächtigen Schicht eines lockeren Quarzconglomerates, dessen bis zu 12 mm grosse Körner durch ein thonig-mergeliges Zwischenmittel gebunden sind und das stellenweise rein thonige Ausscheidungen zeigt. Ueber diesem

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ruht in einer Stärke von 1,5 m ein sehr festes eisenschüssiges Quarzconglomerat. welches die Grenze zwischen unterem Quader und unterem Pläner bildet, der in einer Mächtigkeit von ungefähr 6 m darüber abgelagert ist. Dieser tritt hier als glaukonitischer Plänersandstein auf, der in seinen tieferen Schichten in dicken Platten abgesondert, nach oben hin dünnplattig und stark zersetzt ist, und in dem bis jetzt noch keine Fossiliengefunden worden sind . Ueberdecktwerden diese Pläner von Ablagerungen viel jüngeren Alters, diluvialem Schotter mit zahlreichen Plänersandsteinfragmenten und Lehm in einer Mächtigkeit von circa 3 m. Die Plänerschichten fallen in diesem Bruche unter 5° nach NO., dem Elbthale zu, ein und werden in ihrer Fortsetzung zu Anfang des Müglitzthales von mittlerem Pläner mit Inoceramus labiatus Schl. sp. überlagert, der eine hohe Wand längs des nördlichen Thalgehänges bis in die Nähe der Brandmühle bildet.

Dieselben Lagerungsverhältnisse des unteren Pläners sind in einem verlassenen Bruche nördlich von Dohna zwischen dem von dieser Stadt nach Lockwitz führenden Fahrwege und dem vom Rittergute Gamig herabfliessenden Gamiger Wasser, einige hundert Schritte seitwärts der Chaussee im Müglitzthale, zu beobachten. Der untere Quader wird in diesem Bruche nicht mehr anstehend gefunden, scheint aber auch hier, nach den auf derHalde herumliegenden Ueberresten zu urtheilen, früher abgebaut und nur durch den im oberen Theile des Bruches gewonnenen Abraum verschüttet zu sein. Als tiefstes anstehendes Glied tritt dasselbe lockere, thonige Quarzconglomerat auf, welches an der Brandmühle den unteren Quader direct überlagert. Durch Zurücktreten der Quarzkörner und Vorherrschendes thonigen Bindemittels geht dasselbe in einen sandigen, viele Kohlenbrockenführenden und stellenweise selbst in einen reinen, glimmerreichen, an der Luft leicht zerfallenden grauen Schieferthon über, der sich in dünne, unebene Platten spalten lässt und dann auf seinen Ablösungsflächen zahlreiche, wenn auch nur äusserst selten näher bestimmbare Pflanzenreste führt. Mit Sicherheit liessen sich nur drei Arten erkennen:

Credneria cuneifolia Br., Frenelites Reichi Ett., Proteoides longus Heer,

über die ich zum Schluss noch einige Bemerkungen hinzufügen möchte. Die nur etwa 10 cm starke Schieferthonschicht wird überlagert von einem dem Quader sehr ähnlichen Plänersandstein, der nach oben hin zahlreiche, unter einander zusammenhängende linsenförmige Höhlungen zeigt , die mit feinem Sande ausgefüllt sind, sehr ähnlich dem Vorkommen des durchs einen Reichthum an Serpula gordialis SchI. (S. plexus Sow) bekannten Sande von Bannewitz, der dem dortigen unteren Quadersandstein aufgelagert ist, doch war hier trotz angestrengten Suchens keine Spur einer Serpula zu entdecken. An seiner oberen Grenze geht der Sandstein in ein sehr festes Quarzconglomerat über, das auch hier von unterem Plänerin einer Mächtigkeit von 5-6 m überlagert wird. Der an ein einzelnen Stellen sehr kieselsäurereiche und dann sehr harte Plänersandstein, der durch dünn mergelige Zwischenlagen in mehrere Bänke gesondert wird, führt:

Serpula septemsulcata Reich., Vola notabilis Mün. sp.,
Inoceramus striatus Mant., Rhynchonella compressa Lam.

Die jüngsten Ablagerungen gehören auch hier dem Quartär an und sind wie an der Brandmühle durch diluvialen Schotter mit vielen Fragmenten von Plänersandstein vertreten.

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Dass der untere Quader in der Nähe der Brandmühle dem Granit direct aufgelagert ist, kann in dem aufgelassenen Bruche auf dem rechten Müglitzufer, dem Chausseehaus gegenüber, beobachtet werden, wo derselbe in der linken Ecke des Bruches noch ansteht und nach oben hin in conglomeratartigen Sandstein und zuletzt in reines Quarzconglomerat übergeht, neben welchem hier eine ausserordentlich feste Muschelbreccie auftritt, die aus zahlreichen Schalen von Ostreen besteht. In dem darüber abgelagerten plattenförmig abgesonderten Plänersandstein fanden sich:

Belemnilella plena Blainv., Ostr. (Exogyra) columba Lam.,
Inoceramus striatus Mant., Rhynchonella compressa Lam.,
? Pecten Rhotomagensis d'Orb., Cupulospongia infundibiliformis Golfd.
Vola notabilis Mün. sp.,
Ostrea carinata Lam.,

Die an den genannten dt'ei Orten auftretenden conglomeratartigenGrenzschichten zwischen unterem Quader und unterem Pläner lassen sich fast ununterbrochen unter der Stadt Dohna hinweg bis an den südwestlichen Fuss des Kahlbusches verfolgen. In der Stadt, selbst treten sie ander Stelle auf, wo der Fussweg von der vom Markt ins Thal führenden Fahrstrasse abzweigt und überlagern auch dort den unteren Quadersandstein, der, wie ich einer freundlichen Mittheilung des Herrn Geh. Hofrath Geinitz verdanke, früher dicht dabei in einem Bruche gewonnen wurde, der jetzt aber ausgeftüllt und zu Gartenanlagen benutzt ist. Am südwestlichen Fusse des Kahlbusches, am Wege nach Grosssedlitz, den letzten Häusern von Dohna gegenüber, stehen dieselben Schichten ziemlich mächtig an, in den tieferen Lagen reich an stark zersetzten Granit- und Porphyrbrocken, in den oberen viele abgerollte, bis kopfgrosse Granit- und Porphyrgeschiebe enthaltend und durch eine Plänermergelschicht vom Plänersandstein getrennt, aus dem mir von dieser Stelle

Belemnitella plena Blainv., Ostrea Hippopodium, Nilss.,
Opis bicornis Gein., Cribrospongia subreticulata Mün. sp.,
Vola quinquecostata Sow. sp., Siphonia piriformis Goldf.

bekannt sind.
Etwas abweichende Beschaffenheit zeigen die cenomanen Pläner am Kahlbusch . Der dortige, dem Dobritzer verwandte Porphyr ist in schönen, zum Theil gebogenen Säulen abgesondert, die in dem Bruche fächerrförmig angeordnet sind und deutliche Fluidalstruktur zeigen. In Spalten dieses Porphyrs ist ein sehr festes, zahlreiche Porphyrgeschiebe enthaltendes Conglomerat eingelagert, das ganz dem an Syenitgeröllen reichen gleicht, welches auf den Höhen des Plauenschen Grundes bei Koschütz die Grenze zwischen unterem Quader und Pläner bildet und dem am Fusse des Berges und anderen Orten bei Dohna auftretendem Quarzconglomerat entspricht. Neben diesen sind auch mergelige Schichten eingelagert, die wie am hohen Stein bei Plauen zahlreiche Schwämme enthalten oder wie am Gamighügel bei Leubnitz ein Haufwerk von Schalen der Exogyra sigmoidea Rss. und haliotoidea Sow. darstellen, die zu Hunderten auf der Halde aufgelesen werden können, wo sie der Regen aus dem mergeligen Gesteine herausgewaschen hat. Dazwischen finden sich zahlreiche andere Arten und sind mir von dieser, der versteinerungsreichsten Localität bei Dohna, schon 43 Arten bekannt, die bis auf sehr wenige bereits aus den cenomanen Plänern bei Plauen und Koschütz und anderen Orten bekannt und in: "Geinitz, Elbtbalgebirge I." beschrieben worden sind.

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Es fanden sich dort:

Pycnodus scrobiculatus Rss.,  Synhelia gibbosa Mün. sp.,
Lamna raphiodon Ag.,  ? Thamnastraea conferta M. Edw. u. H.
Oxyrhina angustidens Rss.,
Serpula conjuncta  Gein.,  Isis tenuistrata Rss.,
Serpula gordialis Schl.,  Stichobothrion foveolatum Rss.,
?Turbo Raulini d'Arch.,  Hippothoa brevis Rss.,
Pleurotomaria Geinitzi d'Orb.,  Membranipora dilatata Rss.,
Spondylus striatus Sow. sp.,  Diastopora Oceani d'Orb.,
Ostrea carinata Lam.,  Melicerites gracilis Gold.,
Ostrea diluviana L.,  Ceriopora micropora Goldf.,
Ostrea Hippopodium Nilss.,  Polyphrayma cribrosum, RBS.,
Ostr. (Exogyra) lateralis Nilss.,  Flabellina sp.,
Ostr. sigmoidea Rss.,  Cribrospongia isopleura Rss. sp.,
Ostr. halitoidea Sow.,  Amorphospongia vola Mich.,
Radiolites Saxoniae Röm.,  Stellispongia Plauensis Gein.,
Rhynchonella compressa Lam.,  Forospongia (Verrucospongia) sparsa Rss. sp.,
Terebratula phaseolina, Lam.,
Terebratulina striatula Mant.,  Epitheles tetragona Goldf.,
Cidaris vesiculosa Goldf.,  Chenendopora undulata Mich.,
Cidaris Sorigneti Des.,  Elasmostoma Normannianum d'Orb.,
Oreaster thoracifer Gein.,
Stellaster Plauensis Gein.,  Elasmostoma consobrinum d'Orb.,
Pentcrinus lanceolatus Röm.,  Siphonia piriformis Goldf.,

Ihre Zahl wird voraussichtlich durch fortgesetztes Sammeln noch bedeutend vermehrt werden und verspricht diese Localität eine reiche Fundstätte cenomaner Versteinerungen zu werden. Unter den im Vorhergehenden genannten 64 Arten aus den cenomanen Ablagerungen bei Dohna nehmen einige wegen ihrer Seltenheit im Quadergebirge Sachsens ein grösseres Interesse in Anspruch. Die im unteren Quadersandstein an der Brandmühle gefundene Callianassa antiqua Otto war bisher nur aus dem gleichalterigen Quader von Malter bei Dippoldiswalde bekannt, *) während der an der gleichen Localität entdeckte Pygurus Lampas de Ia Beche in Sachsen noch nicht, wohl aber im unteren Quader des benachbarten Böhmens, bei Pankratz, und in cenomanen Schichten Frankreichs und Englands mehrfach gefunden wurde.

Von gleichem Interesse ist das Vorkommen ziemlich wohlerhaltener Landpfianzen im Gebiete des unteren Quaders bei Dohna, da solche, mit Ausnahme der daran ziemlich reichen Schieferthone von Niederschöna meist nur sehr vereinzelt auftreten. Auch bei Dohna liessen sich nur drei Arten näher bestimmen, die alle schon von anderen Orten bekannt sind. Am häufigsten sind bis über 1 dcm lange , schmal-lanzettliche , nach der Spitze und Basis allmählich verschmälerte und dort in den kurzen, dicken Blattstiel verlängerte, ganzrandige Blätter mit starkem Mittelnerv und ohne Seitennerven, die sehr gut mit den von Heer, Kreideflora. der arctischen Zone p. 110. Taf. XXIX. Fig. Sb und XXXI. Fig. 4. 5. als Proteoides longus Heer beschriebenen Blättern übereinstimmen, die auch im

*) Von derselben Art fand ich im vergangenen Sommer ein sehr wohlerhaltenes Scheerenpaar im Quadersandstein des Kirnitzschthales, halbwegs zwischen Schandau und dem Lichtenhainer Wasserfall, doch dürften diese Schichten jünger sein und denen von Kieslingswalda in der Grafschaft Glatz entsprechen, von wo die gleiche Art schon früher beschriehen wurde.

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Quadersandsteine der goldenen Höhe gefunden wurden. Daneben treten Fragmente grosser Crednerien-Blätter auf, u. A. die keilförmige Basis eines Blattes, das wegen Mangels der vom Mittelnerv nahezu senkrecht ausgehenden basalen Seitennerven mit Credneria cuneifolia Br., die schon von Niederschöna, Paulshain und Welschhufa beschrieben wurde, vereinigt werden kann. Ein kleiner Zweig mit anliegenden, schuppenförmigen Blättern gleicht Frenelites Reichii Ett. von Niederschöna, während das Fragment eines anderen Blattes, ähnlich dem von Lesquereux in Contr. to the foss. Flora of the Western Territories I. Cretaceous Flora. Taf. III. Fig. 1 abgebildeten Populites lancastriensis Lesqu. und ein nicht näher bestimmbarer Blüthen- oder Fruchtstand auf andere in cenomanen Schichten Sachsens noch nicht beobachtete Arten hinweisen. Leider ist wenig Aussicht vorhanden, dass ihre Zahl noch durch weitere Funde vermehrt werden könnte, da der Bruch, in welchem die pflanzeführenden Schieferthone vorkommen, aufgegeben und das vorhandene Material ausgebeutet ist .

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Taxonomic ranks shown on mouse-hover may differ from the taxonomic alignment in the publication. Because of the multiple appearances of genera in different taxonomic kingdoms (e.g. Siphonia is a genus in Protozoa→Granuloreticulosea and Animalia→Demospongea) you should verify the taxon (its rank) with the publications description or the link to the Paleobiology Database. Additionally, due to the lack of data at the source "Catalog of Life" perhaps no further data for an extinct taxon is provided here at all.

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 Sitzung Oktober 1881; Heft 2 des Jahrganges 1881 erschien 1882